hier mit der Bezirkstagkandidatin Selina Rieger, kam auf Einladung des OV Pöcking-Feldafing zum Vortrag über die Entwicklungen der arabischen Weltregion und die Folgen für Europa.
Franz Maget ist ein exzellenter Kenner der arabischen Welt. Nach seiner aktiven Zeit als SPD-Politiker, in der er unter anderem Vorsitzender der Landtagsfraktion war, wirkte er an den Deutschen Botschaften in Tunis und Kairo als Sozialreferent. Heute ist er Sonderberater des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und zuständig für Marokko, Algerien, Tunesien und Ägypten. Maget ist Herausgeber des Buches „Zehn Jahre Arabischer Frühling. Eine Bilanz“ (2020).
Er kümmert sich um den Aufbau von Gewerkschaften und um die berufliche Bildung in diesen Ländern, um den Menschen dort eine Perspektive im eigenen Land zu bieten. Die haben sie bis jetzt nur sehr eingeschränkt, auch in der formalen Demokratie Tunesien, wo die spektakuläre Selbstverbrennung eines jungen Mannes 2010 die Proteste auslöste, die dann in der arabischen Welt zum sog. Arabischen Frühling geführt hatten.
Nahezu jeder EU-Bürger kam schon mit dem Magreb (Marokko, Algerien, Tunesien) in Berührung- und sei es nur durch ein T-Shirt. Vieles, was wir tragen, stammt aus diesen Ländern, 50.000 Menschen allein in Tunesien, die für den deutschen Markt u.a. auch Kabelbäume herstellen. Aber wir wissen sehr wenig über die Menschen in unserer direkten Nachbarschaft jenseits des „Mare Nostrum“, des Mittelmeeres, das einst die beiden Kontinente Europa und Afrika durch vielfältige Handelsbeziehungen verbunden hat. Heute allerdings ist das Mittelmeer eine Grenze und wird immer wieder für Flüchtende zum Massengrab.
Wir sollten, so Franz Maget, nicht nur die Probleme sehen, sondern auch das Potential und die Chancen, die in diesen Ländern stecken. Allein durch die Anzahl der Sonnenstunden und das Windpotential werden die Magrebstaaten für Europa interessant. In Marokko steht das größte Solarkraftwerk weltweit. Vormals Kolonien und von Europa ausgebeutet, heute – abgesehen von Tunesien – Militärdiktaturen und Monarchien liegt es auch an uns, ob ihnen der Weg zu Demokratie und Wohlstand gelingen kann.
Dazu gehören die Gleichberechtigung von Mann und Frau (nur in Tunesien verwirklicht), eine aufmerksame Zivilgesellschaft, das klare Bekenntnis der Regierungen zu demokratischen Verhältnissen genauso wie faire Löhne, gute Arbeitsbedingungen und eine ausreichende soziale Absicherung.
Wir müssen uns um diese Länder kümmern, mit ihnen Handel treiben, sie auf ihrem Weg in demokratische Strukturen begleiten und nicht moralisch überheblich eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe verweigern. Wir müssen mit ihnen in Kontakt bleiben, auch wenn uns die Regierungsform nicht passt. Sonst werden wir sie anderen in die Arme treiben und die Chancen vor unserer Haustür liegen lassen. Und diese Gefahr sieht der überzeugte Sozialdemokrat ganz realistisch.
Laut Maget befasst sich die EU noch zu wenig mit den arabischen Ländern, sie verkennt das enorme Potential z.B. für die Energiewende (Sonne und Wind). Wir haben keinen Plan für diese Staaten, so Maget, obwohl inzwischen doch jedem klar geworden sein muss, wie wichtig eine Diversifizierung der Märkte ist.
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